Vladimir Ivanoff: Miserere (Neue Aufnahme)
Ausführungen
Hörproben
- 1 miserere mei
- 4 tibi soli
- 8 cor mundum
- 9 Danza
- 13 tunc imponent
Vladimir Ivanoffs konzeptuelles Arrangement von Gregorio Allegris berühmter Komposition "Miserere" ist seit zwei Jahrzehnten bei Chören beliebt und hat einige Male als Soundtrack von Hollywood-Filmen gedient. Nun eine neue Aufnahme mit Chor & Saxophon:
Miserere
Gregorio Allegri / Vladimir Ivanoff
CSN / Hiemetsberger / Krenn
(GRAMOLA 2016, 1 SACD)
Hybrid SACD: die derzeit technisch bestmögliche Klangqualität.
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Miserere
Wilhelm Reich, Pionier des neuen Denkens und unübertroffenes Vorbild freien, kreativen, interdisziplinär universellen Forschens, das die Schranken des Akademismus überwand und dafür auch tragische persönliche Konsequenzen sehenden Auges in Kauf nahm, war nicht der einzige große Geist, der die Frage stellte: Wer ist irrer? Die Normalen oder die ,Irren'? Reich ist nach der Lossagung von Sigmund Freud nicht nur in Wien zur persona non grata geworden und erlebte an der eigenen Haut die Gnadenlosigkeit des sich vor der nackten Wahrheit schützenden Bürgertums. Otto Wagner, Wiens Großmeister der Architektur der Jugendstilepoche, hatte wohl das Glück, dass in seinem Fall über Bauprojekte und nicht über die Therapierung des Menschen und den Ursprung des menschlichen Lebens entschieden wurde. Er liebte das Ornamentische, soweit es in den Dienst der Funktionalität und nicht leeren Prunks vergangener Epochen gestellt wurde. Als visionärer Vorbote der neuen Sachlichkeit war er ein Dorn im Auge des Kaisers und der höfischen Hierarchie, aber dank seiner künstlerischen Beharrlichkeit übertrug man ihm schließlich doch den Bau der Wiener Stadtbahn, und heute ist sein Wirken aus der Donaumetropole nicht mehr wegzudenken. Krönung seines Lebenswerks freilich sollte die Kirche am Steinhof auf dem Gelände der psychiatrischen Anstalt sein. Verrückt muss man sein, seit jeher, um Visionen jenseits des Bekannten zu verwirklichen, und nur für die Verrückten, die von der Gesellschaft Ausgestoßenen, duldete man einen solchen alle Konditionierungen transzendierenden Kirchenraum. Die Kirche am Steinhof ist heute ein Pilgerort für alle, die die meditative Erfahrung eines wahrhaft kultischen, künstlerisch einmaligen Orts der Balance und der Stille machen wollen.
In diesem mit seiner goldenen Kuppel weithin leuchtenden Kirchenbau wird auch der kulturelle Horizont der christlichen Glaubensgemeinschaft transzendiert, wie dies der bulgarische Meister interkultureller musikalischer Begegnungen, Vladimir Ivanoff, im Spannungsfeld christlicher, islamischer und jüdischer Traditionen über die Jahrtausende hinweg zu seiner Lebensaufgabe erwählt hat. Ihm ging es nie um ein exotisches Spektakel für den gebildeten Voyeur, sondern stets um die subtile Verschmelzung und Kontrastierung der Stile, um die Entgrenzung des Überlieferten, um den magischen Zeitsprung. Gregorio Allegris ,Miserere' ist unter allen Vertonungen des Flehens um Gnade des Herrn die berühmteste und zugleich diejenige, die bewusst mit dem Mantel des Mysteriums umhängt wurde. Seit das menschenverachtende Projekt der Inquisition gescheitert war, gab es keine gefürchtetere Strafe der Geistlichkeit als die der Exkommunikation, und dies Damoklesschwert drohte all jenen, die es wagen würden, die Musik von Allegris Miserere über die Mauern des Vatikan hinaus in die Welt zu tragen. Als dies dann doch geschah - und es ist in einem Brief seines Vaters Leopold überliefert, dass Wolfgang Amadeus Mozart das Werk nach einmaligem Hören in der Sixtinischen Kapelle niederschrieb -, wurde das mysteriöse ,Miserere' von Charles Burney in England veröffentlicht - an einem aufgeklärten Ort, der sich den päpstlichen Krakenarmen längst entzogen hatte. Das ursprüngliche Miserere, die Grundlagenkomposition, ist von archaischer Einfachheit, und die sixtinischen Sänger waren berühmt für ihre herrlichen Auszierungen der Oberstimme, die uns dieser Erstdruck vorenthielt. So bildete diese Komposition, die auch bei der Beisetzung Ludwig van Beethovens in Wien erklang, stets einen legitimen Ausgangspunkt für kreative Entfaltung.
Der junge Saxophonist Michael Krenn lässt die Tradition der Ausschmückung in feinsinnigster Weise wieder aufblühen, und seine so anschmiegsam sanften wie verhalten ekstatischen, aus dem Moment entstehenden Kontrapunkte mögen in ihrer sanglichen Innigkeit manchen Hörer an das Rufen eines Muezzins erinnern. Ein neuer interkultureller Raum entsteht, bis hin zum Flüstern, in die Stille lauschen, Trommeln, Jauchzen, zum Aufblühen des puren stehenden Klangs im Chorus sine nomine, über welchem das Saxophon seine melodische Bahn zieht wie ein Widerschein des Orients in der mächtigen Kirchenkuppel. Hier schließt sich der ästhetische Kreis, begegnen sich okzidentale Vertikale und orientalische Horizontale, polyphone Harmonie und von Taktgrenzen befreites Melos, Gegenwart und Ursprung. Aus klarer Struktur von zeitloser Schönheit erwächst das Ornament, wie in der Architektur Otto Wagners. In der Welt der Musik, jenseits des alltäglichen Irrsinns der Normalität.
Christoph Schlüren
Wilhelm Reich, Pionier des neuen Denkens und unübertroffenes Vorbild freien, kreativen, interdisziplinär universellen Forschens, das die Schranken des Akademismus überwand und dafür auch tragische persönliche Konsequenzen sehenden Auges in Kauf nahm, war nicht der einzige große Geist, der die Frage stellte: Wer ist irrer? Die Normalen oder die ,Irren'? Reich ist nach der Lossagung von Sigmund Freud nicht nur in Wien zur persona non grata geworden und erlebte an der eigenen Haut die Gnadenlosigkeit des sich vor der nackten Wahrheit schützenden Bürgertums. Otto Wagner, Wiens Großmeister der Architektur der Jugendstilepoche, hatte wohl das Glück, dass in seinem Fall über Bauprojekte und nicht über die Therapierung des Menschen und den Ursprung des menschlichen Lebens entschieden wurde. Er liebte das Ornamentische, soweit es in den Dienst der Funktionalität und nicht leeren Prunks vergangener Epochen gestellt wurde. Als visionärer Vorbote der neuen Sachlichkeit war er ein Dorn im Auge des Kaisers und der höfischen Hierarchie, aber dank seiner künstlerischen Beharrlichkeit übertrug man ihm schließlich doch den Bau der Wiener Stadtbahn, und heute ist sein Wirken aus der Donaumetropole nicht mehr wegzudenken. Krönung seines Lebenswerks freilich sollte die Kirche am Steinhof auf dem Gelände der psychiatrischen Anstalt sein. Verrückt muss man sein, seit jeher, um Visionen jenseits des Bekannten zu verwirklichen, und nur für die Verrückten, die von der Gesellschaft Ausgestoßenen, duldete man einen solchen alle Konditionierungen transzendierenden Kirchenraum. Die Kirche am Steinhof ist heute ein Pilgerort für alle, die die meditative Erfahrung eines wahrhaft kultischen, künstlerisch einmaligen Orts der Balance und der Stille machen wollen.
In diesem mit seiner goldenen Kuppel weithin leuchtenden Kirchenbau wird auch der kulturelle Horizont der christlichen Glaubensgemeinschaft transzendiert, wie dies der bulgarische Meister interkultureller musikalischer Begegnungen, Vladimir Ivanoff, im Spannungsfeld christlicher, islamischer und jüdischer Traditionen über die Jahrtausende hinweg zu seiner Lebensaufgabe erwählt hat. Ihm ging es nie um ein exotisches Spektakel für den gebildeten Voyeur, sondern stets um die subtile Verschmelzung und Kontrastierung der Stile, um die Entgrenzung des Überlieferten, um den magischen Zeitsprung. Gregorio Allegris ,Miserere' ist unter allen Vertonungen des Flehens um Gnade des Herrn die berühmteste und zugleich diejenige, die bewusst mit dem Mantel des Mysteriums umhängt wurde. Seit das menschenverachtende Projekt der Inquisition gescheitert war, gab es keine gefürchtetere Strafe der Geistlichkeit als die der Exkommunikation, und dies Damoklesschwert drohte all jenen, die es wagen würden, die Musik von Allegris Miserere über die Mauern des Vatikan hinaus in die Welt zu tragen. Als dies dann doch geschah - und es ist in einem Brief seines Vaters Leopold überliefert, dass Wolfgang Amadeus Mozart das Werk nach einmaligem Hören in der Sixtinischen Kapelle niederschrieb -, wurde das mysteriöse ,Miserere' von Charles Burney in England veröffentlicht - an einem aufgeklärten Ort, der sich den päpstlichen Krakenarmen längst entzogen hatte. Das ursprüngliche Miserere, die Grundlagenkomposition, ist von archaischer Einfachheit, und die sixtinischen Sänger waren berühmt für ihre herrlichen Auszierungen der Oberstimme, die uns dieser Erstdruck vorenthielt. So bildete diese Komposition, die auch bei der Beisetzung Ludwig van Beethovens in Wien erklang, stets einen legitimen Ausgangspunkt für kreative Entfaltung.
Der junge Saxophonist Michael Krenn lässt die Tradition der Ausschmückung in feinsinnigster Weise wieder aufblühen, und seine so anschmiegsam sanften wie verhalten ekstatischen, aus dem Moment entstehenden Kontrapunkte mögen in ihrer sanglichen Innigkeit manchen Hörer an das Rufen eines Muezzins erinnern. Ein neuer interkultureller Raum entsteht, bis hin zum Flüstern, in die Stille lauschen, Trommeln, Jauchzen, zum Aufblühen des puren stehenden Klangs im Chorus sine nomine, über welchem das Saxophon seine melodische Bahn zieht wie ein Widerschein des Orients in der mächtigen Kirchenkuppel. Hier schließt sich der ästhetische Kreis, begegnen sich okzidentale Vertikale und orientalische Horizontale, polyphone Harmonie und von Taktgrenzen befreites Melos, Gegenwart und Ursprung. Aus klarer Struktur von zeitloser Schönheit erwächst das Ornament, wie in der Architektur Otto Wagners. In der Welt der Musik, jenseits des alltäglichen Irrsinns der Normalität.
Christoph Schlüren
1 miserere mei 4:35
2 et secundum 2:20
3 amplius 4 :43
4 tibi soli 3:55
5 ecce enim 9:13
6 asperges me 3:26
7 averte faciem 0:22
8 cor mundum 5:38
9 Danza 4:51
10 quoniam si voluisses 2:55
11 tunc acceptabis 1:52
12 Sofferenza 0:26
13 tunc imponent 2:54
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